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Sonntag, 31. August 2025 - Anreisetag

​Nach einem um zwei Stunden verspäteten Flug landen wir endlich in Lissabon. Mit dem Flughafentaxi fahren wir direkt zu unserer Unterkunft, dem «Hotel Canada». Beim Einchecken entdecken wir erfreut, dass die gemieteten Fahrräder bereits bereitstehen – perfekt für unsere geplanten Touren. Der Hunger treibt uns hinaus in die Stadt. Wir finden eine gemütliche Pizzeria, in der wir unsere hungrigen Mägen mit köstlicher Pizza füllen. Zufrieden und satt spazieren wir anschließend zurück zum Hotel. Die frische Abendluft tut gut, doch die Müdigkeit holt uns schnell ein. Zurück im Hotel fallen wir erschöpft, aber glücklich ins Bett. Der erste Tag in Lissabon endet ruhig.

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1. September 2025 – Lissabon

Nach dem Frühstück geht’s zur U-Bahn – die sprachlichen Hürden meistern wir mit Geduld und schaffen es, eine Tageskarte zu lösen. Die Fahrt führt uns zur Station Bair Quinda, wo wir durch verwinkelte Gassen schlendern, bis wir den Fluss Tajo erreichen. Die Markthalle, unser erstes Ziel, entpuppt sich leider als eher ruhig – nur wenige Stände sind geöffnet. Ein bisschen enttäuschend, aber die Atmosphäre am Fluss und die charmanten Gassen machen vieles wett. Wir laufen Richtung Sé, schlendern durch die engen Gassen von Alfama. Die alten Häuser mit ihren bunten Fliesen und die Wäsche, die zwischen den Balkonen hängt, geben dem Viertel seinen ganz eigenen Charme. Überall wird man von Tuk-Tuk-Fahrern angesprochen. Aber wir steigen in den Bus, der uns zur Kathedrale hochfährt. Die Fahrt ist holprig, aber kurz – und oben angekommen, eröffnet sich ein atemberaubender Blick über die Stadt und den Tejo. Die Sonne glitzert auf dem Wasser, Möwen kreisen über den Dächern, und Lissabon liegt uns zu Füßen. Es hat viele Leute und vor der Burg und eine grosse Schlange zum Anstehen. Die Wege führen uns bergab Richtung Tejo. Direkt am Fluss entdecken wir ein kleines Restaurant, ein perfekter Ort um innezuhalten. Bei einem kühlen Getränk und dem Blick auf die vorbeiziehenden Boote genießen wir die Ruhe und lassen die Seele baumeln. Später zieht uns der Hunger weiter. Für ein spätes Mittagessen machen wir uns auf zum Plazo São Paulo. Hier finden wir ein gemütliches Lokal, das mit seiner modernen portugiesischen Küche und entspannten Atmosphäre überzeugt. Nach dem Essen nehmen wir die Metro zurück zum Hotel. Die Nachmittagssonne macht müde. Zeit für eine kleine Siesta. Danach richten wir unsere Fahrräder für die bevorstehende Reise: Sättel justieren, Taschen befestigen, alles noch einmal durchgehen. Die Vorfreude auf den Camino liegt spürbar in der Luft. Am Abend gönnen wir uns ein entspanntes Essen beim Italiener in der Nähe. Pasta, ein Glas Rotwein – einfach, aber genau richtig. Die Müdigkeit holt uns bald ein, und wir gehen früh schlafen. Der Wecker ist gestellt. Morgen wollen wir früh aufstehen, alles bereit haben und spätestens um 8 Uhr starten – die erste Etappe auf dem Camino Português wartet. Ein neues Abenteuer beginnt.

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2. September 2025 – Lissabon bis Azambuja

Die Fahrt durch die Stadt hinunter zum Tejo ist wie eine kleine Zeitreise – vorbei an den pastellfarbenen Häusern, den alten Straßenbahnen und dem pulsierenden Leben der Hauptstadt. Und dann der kurze Fotostopp am Praça do Comércio, ein echtes Highlight! Dieser Platz ist einer der größten und beeindruckendsten in Europa. Mit dem majestätischen Arco da Rua Augusta im Rücken und dem Blick auf den Tejo, ist er ein perfekter Ort für ein Erinnerungsfoto. Wir fahren weiter, immer dem Tejo entlang. Beim Parque das Nações entdecken wir das erste Wegzeichen nach Santiago/Fátima. Ein besonderer Moment. Die Route führt uns weiter am Fluss entlang, durch ausgedehnte Industriegebiete. Schließlich verlassen wir den Tejo. Bei einer Baustelle verpassen wir den Abzweig und müssen einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Doch kurz darauf treffen wir auf den „Real Camino“, den echten Jakobsweg. Wir durchqueren eine wunderschöne Landschaft entlang eines kleinen Flüsschens. Die Natur zeigt sich von ihrer sanften Seite, grüne Wiesen, plätscherndes Wasser, friedliche Stille. Unterwegs begegnen wir einem freundlichen Hirten mit seiner Herde aus Schafen und Ziegen. Mit einem Lächeln macht er uns rasch den Weg frei, ein kurzer, herzlicher Moment, der uns in Erinnerung bleibt. Ein wenig später legen wir einen kurzen Kaffeehalt ein. Während wir unsere Tassen genießen, läuft ein neugieriger Hund umher. Er schnuppert interessiert an unseren Rädern, offenbar auf der Suche nach einer passenden Stelle für seine Markierung. Ein kleiner, amüsanter Zwischenfall, der uns zum Schmunzeln bringt. Und schon geht’s weiter auf dem Camino in Richtung Azambuja, der Tejo begleitet uns erneut als treuer Begleiter am Wegesrand. In Alverca müssen wir die Bahnlinie queren, doch ein Übergang für Fahrräder fehlt. Kurzerhand nehmen wir den Lift und verfrachten unsere Velos mit etwas Geschick hinein. Eine kleine logistische Herausforderung, die wir mit Humor und Teamgeist meistern. Kurz vor Alhandra müssen wir erneut die Bahngeleise queren, diesmal auf der Straße. Danach geht es weiter auf einem neuen und gut ausgebauten Radweg, der uns bis nach Vila Franca de Xira führt. Dort legen wir eine letzte Pause ein, in einem kleinen Park direkt am Tejo. Die ruhige Atmosphäre und der Blick auf den Fluss laden zum Verweilen ein. Weiter geht’s auf dem Camino … dachten wir. Doch plötzlich beschleicht uns das Gefühl, einen Abzweig verpasst zu haben. Statt den Weg zu queren, folgen wir der Bahnlinie immer weiter, ohne einen Übergang zu finden. Irritierend: Es gibt schlichtweg keine Möglichkeit, die Gleise zu überqueren. Ein Moment der Unsicherheit, wie sie auf dem Camino manchmal einfach dazugehören. Jedenfalls folgen wir ein gutes Stück der Bahnlinie, bis der Weg plötzlich einfach endet. Die wenigen Abzweige führen allesamt in Sackgassen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als umzukehren oder zu prüfen, ob sich die Bahnbrücke irgendwie passieren lässt. Mit Vorsicht und etwas Nervenkitzel wagen wir die Überquerung, und prompt rauscht ein Zug an uns vorbei. Danach geht es weiter auf einer sandigen Piste und wie aus dem Nichts sind wir plötzlich wieder zurück auf dem Camino. Der Weg findet uns, auf seine ganz eigene Art. In der Nähe von Azambuja stehen wir erneut vor der Herausforderung, die Bahngleise zu überqueren. Müssen wir wieder den Lift nehmen? Nein, diesmal führt der Weg unter der Brücke hindurch. Durch hohes Schilf bahnen wir uns den Pfad zur Hauptstraße. In Azambuja finden wir rasch unsere Unterkunft, doch unser Zimmer befindet sich in einem separaten Gebäude. Dort entdecken wir leider keine Steckdose, um unsere Akkus aufzuladen. Nach langem Hin und Her mit der Hoteliersfrau gelingt es uns schließlich, die Velos zurück zur Rezeption zu bringen. In einem kleinen Schlupfraum finden wir eine passende Möglichkeit, die Akkus endlich aufzuladen. Eine etwas umständliche Lösung, aber am Ende zählt, dass es funktioniert hat.

Der erste Tag auf dem Camino hat uns schon einiges abverlangt, körperlich, organisatorisch, und auch mental. Von verpassten Abzweigungen über sandige Pisten bis zu Bahnbrücken mit Adrenalinkick war alles dabei. Und doch: Vielleicht war das erst der Anfang. Der Weg stellt Fragen, bevor er Antworten gibt. Was noch kommt, wissen wir nicht, aber wir sind bereit.

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3. September 2025 – Azambuja bis Golega

Mit einem Gutschein vom Hotel genießen wir das Frühstück im benachbarten Restaurant. Während wir dort sitzen, beobachten wir, wie ein Taxi Gepäck abholt, aber nicht unseres. Laut der Hoteldame konnten wir unsere Koffer einfach im Zimmer stehen lassen.Später, als wir unsere Bikes für die heutige Etappe bereitstellen, taucht der Taxifahrer auf und holt auch unsere Koffer ab. Alles klappt, und so können wir die nächste Strecke ganz entspannt und unbesorgt in Angriff nehmen. Da das Wetter, wie schon die letzten Tage trocken bleibt, entscheiden wir uns für den originalen Camino. Eine gute Wahl: Der Weg zeigt sich von seiner schönsten Seite. Ruhig, abwechslungsreich und landschaftlich beeindruckend. Wir durchqueren Reisfelder, Reben und Maisplantagen, das Tejo-Delta präsentiert sich als überaus fruchtbares Gebiet ms, während der Tejo etwa einen Kilometer entfernt, gemächlich durch die Landschaft fließt. Der Weg selbst besteht oft aus Sandpisten und holprigen Abschnitten. Konzentration ist gefragt, denn die vielen Löcher fordern unsere Aufmerksamkeit und Fahrtechnik. Heute begegnen wir zum ersten Mal zahlreichen Fußpilgern – der Camino beginnt zu leben. In Santarém legen wir einen Kaffeehalt ein und decken uns mit Proviant für die weitere Strecke ein. Danach unternehmen wir eine kleine Sightseeing-Tour: Die Porta do Sol bietet einen herrlichen Blick über das weite Tejo-Tal, ein Panorama, das zum Innehalten einlädt. Danach fahren wir mit Umwegen auf dem Camino wieder runter ins Tal. Nach wenigen Metern merken wir: Mit den Velos ist dieser Abschnitt nicht machbar. Also kehren wir um, wieder bergauf, und dann auf einer holprigen Kopfsteinpflasterstraße hinunter. Zum Glück finden wir rasch wieder den originalen Camino. Ein kleiner Umweg, der uns zeigt: Der Weg ist nicht immer gerade, aber er führt uns doch ans Ziel. In Tigueira gönnen wir uns in der einzigen Bar ein erfrischendes „Super Bock 00“. Eine kleine Pause, die gut tut. Danach machen wir es uns auf einer Bank gemütlich und genießen unseren mitgebrachten Proviant, einfach, aber genau richtig für diesen Moment auf dem Camino. Angesichts unserer Beschwerden am Hinterteil entscheiden wir uns ab jetzt für die Straßenvariante des Camino – in der Hoffnung auf etwas mehr Komfort. Doch oha! Auch hier erwarten uns Kopfsteinpflasterabschnitte, die uns ordentlich durchrütteln. Bald erreichen wir Golegã, die Stadt der Pferde. Unsere Unterkunft liegt tatsächlich in einem Pferdegestüt, eine besondere Atmosphäre. Nach dem Zimmerbezug füllen wir unseren Energiespeicher in einer nahegelegenen Bar wieder auf. Dort spricht uns ein freundlicher Portugiese an, der in Deutschland lebt und gerade seine Ferien in Golegã verbringt, seinem Heimatdorf. Ein kurzer, herzlicher Austausch, der den Tag bereichert. Anschließend besuchen wir die Kirche und decken uns später mit Wasser und Notvorräten für die kommende Etappe ein. Schon ist wieder Essenszeit. Wir finden ein gemütliches Restaurant und bestellen feine Lammkoteletts. Zum ersten Mal gönnen wir uns einen Aperitif – und es lohnt sich: herrlich zarter Serrano-Schinken und cremiger Schafskäse, einfach empfehlenswert. Vollgegessen und zufrieden schlendern wir zurück zur Unterkunft. «Boa noite».

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4. September 2025 – Golega bis Fatima

Heute starten wir besonders früh, um genügend Zeit für die Besichtigung von Fátima zu haben. Da das Frühstück erst ab 9 Uhr serviert wird, haben wir es bereits am Vortag erhalten. Auf dem Balkon genießen wir in aller Ruhe das einfache Frühstück – ein stiller Moment, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Auf dieser Strecke gibt es keinen offiziellen Camino nach Fátima – wir haben die Route zu Hause selbst zusammengestellt. Meist fahren wir auf kleinen, verkehrsarmen Landstraßen, die allerdings mitunter giftige Steigungen bereithalten. Dann wollen wir auf eine Sandpiste abbiegen, die mit einem allgemeinen Fahrverbot von 19 bis 7 Uhr ausgeschildert ist. Kurz darauf wissen wir auch warum: Der Weg wird nachts gewässert und ist nun lehmig und schwer befahrbar – für Fahrräder eine echte Herausforderung. Also kehren wir um und rollen zurück auf die Straße – manchmal ist der Umweg der bessere Weg. Schon vor 13 Uhr erreichen wir unser Hotel – die Koffer sind bereits da, und wir können direkt einchecken. Nach einer erfrischenden Dusche machen wir uns auf den Weg zum Santuário de Fátima. Dort zünden wir alle gewünschten Kerzen an, fotografieren den beeindruckenden Platz und holen unseren Pilgerstempel ab. Wir besichtigen die große Basilika mit ihren vielen kleinen Kapellen, jede für sich ein stiller Ort der Andacht. In der Erscheinungskapelle findet gerade eine Heilige Messe statt – ein bewegender Moment. Zum Abschluss umrunden wir das Gebäude und kaufen noch eine Kerze für zuhause. Ein würdiger Höhepunkt unserer Etappe. Bevor es zur verdienten Siesta geht, gönnen wir uns noch etwas Kleines für den Magen – ein Pastel de Nata. Außen knusprig, innen cremig – ein süßer Abschluss für einen erlebnisreichen Tag auf dem Camino. Einfach portugiesisch, einfach perfekt. Nach der ausgiebigen Siesta machen wir uns auf den Weg zur Lichterprozession. Der Platz vor dem Santuário ist erfüllt von einer besonderen Stimmung – Pilger aus aller Welt halten Kerzen in den Händen, während Gesänge durch die Abendluft ziehen. Ein bewegender Moment der Gemeinschaft und des Glaubens, der uns tief berührt und den Tag würdevoll abschließt.

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5. September 2025 – Fatima bis Alvaizere

Heute erwartet uns eine wunderschöne Etappe quer durchs Land. Die Strecke bis Tomar verläuft tendenziell abwärts – meist auf ruhigen Landstraßen, die sich angenehm fahren lassen und den Blick auf die weite Landschaft freigeben. In Tomar angekommen, holen wir unsere Pilgerstempel – zuerst im Tourist Office, dann in der Igreja de São João Baptista, einer charmanten Kirche mitten im historischen Zentrum. Nach der Pause geht’s weiter – zurück auf dem Camino Santiago. Wir begegnen einigen Fußpilgern und sind im Nachhinein froh, dass wir mit dem Bike auf einer schönen Sandpiste unterwegs sind. Der Weg ist angenehm zu fahren, ruhig und eingebettet in die Natur. Doch schon bald folgt der nächste Abschnitt: eine Geröllstraße, die uns alles abverlangt. Manchmal bleibt uns nichts anderes übrig, als abzusteigen und zu schieben – bergauf wie bergab. Der Camino zeigt sich wieder von seiner rauen Seite, und wir spüren: jeder Meter zählt. Wir bleiben auf dem Camino – ein Weg, der weiterhin viel Geschick und Konzentration erfordert. Die Strecke ist anspruchsvoll, aber landschaftlich lohnend. Kurz vor Alvaiázere begegnen wir wieder einigen Fußpilgern – darunter auch die beiden Kanadierinnen, die wir bereits bei Golegã getroffen hatten. Da wir via Fátima gefahren sind und damit einen zusätzlichen Tag eingeplant haben, konnten sie uns inzwischen wieder einholen. Ein schönes Wiedersehen auf dem Weg – der Camino bringt Menschen immer wieder zusammen. Zwischen Tomar und Alvaiázere finden wir keine Einkehrmöglichkeit – also fahren wir durch. In Alvaiázere steuern wir direkt die erste Bar an und gönnen uns eine wohlverdiente Pause. In der benachbarten Herberge holen wir uns einen Pilgerstempel. Leider erhalten nur Übernachtungsgäste den speziellen Stempel – schade, aber so ist es eben: Es gibt solche und solche Hospitaleros. Nun geht’s ins Hotel, wo wir freundlich empfangen werden und unsere Bikes sicher abstellen können. Nach einer wohltuenden Dusche erkunden wir ein wenig das Städtchen und machen uns auf die Suche nach einem Laden, um Wasser einzukaufen – leider vergeblich. Zurück im Hotel wartet das Abendessen: ein feines Pilgermenü für 14 Euro, das keine Wünsche offenlässt. Die Kanadierinnen tauchen ebenfalls auf und gönnen sich eine Flasche Champagner – sie sind zu Fuß bis Santiago unterwegs. Das Lokal ist voll mit einheimischen Gästen, die für eine lebendige Atmosphäre sorgen. Bald landen wir zufrieden und müde im Bett – ein weiterer Camino-Tag geht zu Ende.

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6. September 2025 – Alvaizere bis Coimbra

Wie gewohnt gehen wir um 8 Uhr zum Frühstück – und wer sitzt da? Die Kanadierinnen! Unbewusst haben sie unsere Plätze besetzt, denn es sind nur zwei Paare angemeldet. Das andere Paar kennen wir bereits aus dem Hotel in Golegã. Kurz darauf geht’s weiter. Schon bald überholen wir mehrere Fußpilger. Die Strecke führt uns erneut über Römerstraßen, auf und ab durch schattige Waldwege. Alles Wege, die volle Konzentration und Geschick verlangen – der Untergrund ist oft uneben und anspruchsvoll. Ein Dornengewächs streift Christinas Bein und hinterlässt eine schmerzhafte Schramme, die verarztet werden muss. Wir fahren weiter Richtung Rabaçal, kehren dort ein und kaufen den regionalen Käse sowie frisches Brot fürs Mittagessen – eine einfache, aber köstliche Stärkung. Heute ist es sehr heiß, und wir brauchen viel Flüssigkeit. Zum Glück haben wir beim Frühstück noch Wasser eingekauft. Bei einer Brücke und Brunnen treffen wir auf andere Radpilger – und trauen unseren Augen kaum: Der Camino führt auf einer rumpeligen Piste steil bergauf. Umkehren ist keine Option, also schalten wir in den kleinsten Gang und kämpfen uns die Rampe hinauf. Der Weg ist landschaftlich wunderschön und abwechslungsreich – mal weiße, mal rote, mal braune Erde unter den Rädern. Sehr interessant, aber fahrtechnisch erneut anspruchsvoll. Kurz vor Coimbra wiederholt sich alles: Eine steile, holprige Rampe liegt vor uns – der Camino zeigt sich erneut von seiner fordernden Seite. Da wir müde sind, entscheiden wir uns, auf die Straße auszuweichen und erst beim nächsten Abzweig wieder auf den Camino zurückzukehren. Es geht steil hinunter, dann über die Brücke und schließlich wieder steil hinauf zum Hotel. Hier dürfen wir unsere Bikes in der Bügelabteilung abstellen – direkt neben frisch gestapelter, weißer Bettwäsche. Ein ungewöhnlicher, aber durchaus praktischer Ort. Sobald das Bügeln abgeschlossen ist, können wir sogar unsere Akkus dort laden. Der Camino überrascht eben immer wieder mit kreativen Lösungen.  Nach dem Duschen machen wir uns auf in die Stadt – zur Kathedrale. Die alte ist leider geschlossen, doch in der neuen erhalten wir unseren Pilgerstempel. Wir sind müde und hungrig, also laufen wir schnurstracks zum nächsten offenen Restaurant. Beim Italiener gibt’s ein herzhaftes Abendessen – kurz darauf wird das Lokal geschlossen. Für das Dessert wechseln wir in eine Pastelaria, wo wir den süßen Abschluss des Tages genießen. Danach geht’s wieder bergauf, vorbei am Botanischen Garten, zurück ins Hotel. Ein langer Tag endet mit einem letzten Anstieg – und der Vorfreude auf die nächste Etappe.

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7. September 2025 – Coimbra bis Agueda

In der Nacht hat es geregnet – und auch nach dem Frühstück hört der Regen nicht auf. Wir warten noch eine Weile im Hotelzimmer, denn bei solchem Wetter ist der Camino kaum fahrbar. Schließlich entscheiden wir uns für die Straßenvariante. Zunächst bleibt es trocken, doch bald schüttet es in Strömen – mal weniger, mal mehr. Wir passieren eine Jakobsfigur in einer Glasvitrine und halten kurz für ein Foto. Da wir völlig durchnässt sind, wollen wir einfach nur weiterfahren. Als der Regen endlich nachlässt, trocknen wir langsam im Fahrtwind. In einem ruhigen Quartier entdecken wir um die Ecke eine Pastelaria und legen eine kleine Rast ein. Als wir wieder losfahren wollen, kommt die Wirtin heraus und schenkt Christina einen kleinen Engel – mit den Worten: „Gute Weiterfahrt!“ Ein berührender Moment. Wir fahren durch bis Águeda, können früh einchecken und haben noch Zeit, die Stadt zu erkunden. Auffallend sind die Gassen mit ihren farbigen Schirmdächern – ein fröhliches Spiel aus Licht und Schatten, das sich über die Straßen spannt. Die Hausfassaden sind liebevoll mit Blumen geschmückt, und Águeda zeigt sich von seiner charmanten Seite. Bei der Kirche machen wir einen Abstecher zum Friedhof – ein stiller, etwas gruseliger Ort. Dort stehen kleine Häuschen, in denen aufgebahrte Särge zu sehen sind. Ein ungewohnter Anblick, der uns nachdenklich stimmt. Am Abend suchen wir vergeblich nach einem geöffneten Speiselokal. Schließlich essen wir draußen – Fast Food, aber immerhin etwas Warmes.

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8. September 2025 - Agueda bis Sao Joao de Madeira

Heute frühstücken wir in einer Pastelaria – mit freier Auswahl und frischem Gebäck. Gut gestärkt geht’s wieder auf den Camino. Schon bald stehen wir vor unbewachten Bahngleisen, die wir vorsichtig überqueren. Der Weg führt oft entlang von ruhigen Landstraßen, dann kurz an einem Fluss entlang, bevor wir immer wieder die Nationalstraße kreuzen. Es geht stetig bergauf und bergab. Unterwegs begegnen wir einigen Menschen, die uns herzlich grüßen und ein „Buen Camino!“ zurufen. Teilweise führt der Weg über Sandpisten quer durchs Land. Während wir fahren, begleitet uns der stetige Lärm der nahegelegenen Schnellstraße – ein Kontrast zur sonst so ruhigen Landschaft. Bei einem stillgelegten Bahnhof entdecken wir ein Restaurant und legen eine Pause ein. Weiter geht’s – doch schon bald stehen wir wieder vor der Bahnstrecke, wo der Camino eigentlich weiterführen sollte. Diesmal ist die Passage mit dem Bike nicht möglich, also umfahren wir die Stelle kurzerhand. Im Hotel werden wir bereits erwartet und können rasch und unkompliziert einchecken. Auch heute Abend gestaltet sich die Restaurantsuche schwierig – doch wer sucht, der findet. «Tudos aos Molhos» entpuppt sich als echter Geheimtipp: ein charmantes Lokal mit portugiesischen Spezialitäten und herzlicher Atmosphäre. Der Wirt nimmt sich Zeit, erklärt uns geduldig jedes Gericht und schickt uns sogar die Speisekarte per WhatsApp – ein moderner Service mit persönlicher Note. Wir fühlen uns willkommen und genießen ein authentisches Abendessen, das den Tag wunderbar abrundet.

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9. September 2025 - Sao Joao de Madeira bis Porto

Heute steht eine kurze Etappe auf dem Programm. Bei frischen Temperaturen fahren wir los – wieder viel rauf und runter auf Kopfsteinpflaster, das Konzentration und Ausdauer verlangt. Nach rund 20 Kilometern legen wir eine Pause in einer Quartier-Pastelaria ein. Die Preise steigen merklich – Porto ist nicht mehr weit. Vermehrt geht es nun auf Hauptstraßen mit viel Verkehr Richtung Stadt. Bei der Ponte Luís I erreichen wir Porto – mit einer herrlichen Aussicht auf die Altstadt und den Douro. Wir sind erstaunt über die vielen Touristen, die sich durch die Gassen drängen. Da wir nicht gerne lange anstehen, holen wir unseren letzten Pilgerstempel im Tourist Office neben der Kathedrale. Den Stempel der Kathedrale selbst haben wir ja schon vor zwei Jahren ergattert, als wir von Porto aus gestartet sind. Wir machen noch einige Fotos, bevor wir durch die Stadt zum Hotel fahren. Dort können wir unsere Bikes deponieren, aber noch nicht ins Zimmer. Also genießen wir in einem nahegelegenen Restaurant ein Menu do Dia für 8 Euro – ein typisches Pilgermenü mit Pouletschenkel. Einfach, ehrlich, sättigend. Da wir noch etwas Zeit haben, erkunden wir die Umgebung auf der Suche nach einem passenden Ort fürs Abendessen. Danach geht’s zurück ins Hotel – Zeit für eine Dusche und das Umpacken der Koffer.Spät am Abend finden wir ein Lokal und freuen uns auf ein leichtes Menü: Salat und Omelette. Die Omelette wird serviert – der Salat bleibt aus. Egal, unser Hunger ist auch so gestillt. Zufrieden und etwas erschöpft landen wir bald im Bett. Ein ruhiger Abschluss eines langen Tages.

Der Camino Português ist für uns nun abgeschlossen. Rückblickend sind wir froh, ihn mit dem Bike bewältigt zu haben – nicht zuletzt wegen der vielen langen Passagen durch Industriegebiete und der teils extrem steilen Auf- und Abstiege. Aus unserer Sicht ist dieser Abschnitt weniger attraktiv und landschaftlich oft monoton. Es gibt definitiv schönere Teile des Caminos, die mehr Abwechslung und Atmosphäre bieten. Uns ist jetzt klar, weshalb viele Reiseveranstalter und Pilger erst ab Porto starten: Ab dort beginnt ein deutlich reizvollerer Abschnitt – kulturell, landschaftlich und auch infrastrukturell. Die Strecke von Porto nach Santiago sowie weiter nach Finisterre und Muxía sind uns bereits vertraut – wir sind sie im Jahr 2023 gefahren. Damals wie heute war es eine eindrucksvolle Erfahrung, doch diesmal schließt sich der Kreis auf besondere Weise.

 

Weiter von Porto nach Santiago und Finsterre / Muxia ……..

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